Was isst man so in Nordzypern?
Die Mittelmeerküche ist nicht nur sehr gesund, sie ist noch wahnsinnig schmackhaft. Da macht auch Nordzypern keine Ausnahme.
Ihre Wurzeln liegen sowohl in der Türkei, als auch in Griechenland, dem Libanon, Syrien, Ägypten, Frankreich, Italien und Armenien. Aufgrund der strategischen Position der Insel – im Zentrum bedeutender Handelsrouten zwischen Europa, Asien und Nordafrika – haben viele Zivilisationen Zypern erobert und alle haben ihre Spuren in den Gerichten der Insel hinterlassen.
Hier nur ein kleiner Vorgeschmack:
Vorspeisen:
Wie im gesamten östlichen Mittelmeerraum gehört auch im Norden Zyperns zu einem opulenten Abendessen eine reiche Auswahl an Vorgerichten, kleinen, herzhaften Appetitanregern, oft bis zu zwei Dutzend der verschiedensten Leckerbissen, die kalt und warm gereicht werden. Die vielen kalten und warmen Vorspeisen bringen den Abend gleich von Anfang an in Schwung. Anders als bei uns, wo sich jeder seine eigene Vorspeise bestellt, ordert man in den vielen Tavernen auf Nordzypern verschiedene Salate, Cremes sowie kleine Gemüse-, Fisch- oder Fleischgerichte. Alle, die am Tisch sitzen, reichen die Teller und Schüsseln hin und her und jeder nimmt, was er
probieren möchte. Der Nachschub nimmt häufig kein Ende, sodass man fast schon keine Hauptspeise mehr bräuchte, wenn auch die nicht so wunderbar wären.
Unter dem „Mezeler“ (das ist der Plural von Meze = Vorgericht) findet man immer das beliebte Cacik aus Joghurt, geraspelten Gurken, Knoblauch, Olivenöl und Minze, unzählige marinierte Gemüsesorten (sei es Weißkohl, Artischocken, Staudensellerie oder Kapern). Auch Humus gehört zur Vorspeisentafel: ein Püree aus Kichererbsen, dem die Sesampaste Tahin sowie Knoblauch, Öl, Zitronensaft und mildes Paprikapulver zugesetzt wird. Patlican Salatasi, ein Auberginenpüree, zählt ebenso zu den klassischen Vorgerichten wie variantenreich zubereitete Bohnen, eingelegte winzige Tintenfische, die schon erwähnte Sesamcreme Tahin, mit Zitronensaft und Olivenöl zu einem herzhaften Dip verfeinert. Auch der Rote-Beete-Salat ist immer dabei sowie Beyazpeynir, ein frischer Schafskäse. Nicht zu vergessen sind die Suppen. Zum Beispiel die Luvana aus roten Linsen oder die Sehirge aus Fadennudeln bereitet, die berühmte Yayla Corbasi, was man mit „Almsuppe“ übersetzen könnte (eine Kreation aus kräftiger Fleischbrühe, Reis und Joghurt, Minze und Eigelb, Butter und scharfem Paprikapulver) oder die gehaltvolle Tarhana-Suppe auf der Grundlage einer getrockneten und zerriebenen Joghurt-Bulgur-Tomaten-Paprika-Mischung, serviert mit gebratenen Hellimwürfeln.
Hauptspeisen:
Die zypriotischen Hauptspeisen sind an Fülle und Variationsmöglichkeiten kaum zu übertreffen.
Pilaf (Reis)- und Bulgurgerichte (Bulgur ist vorgekochter, geschälter, getrockneter und geschroteter Weizen) werden gerne, da leicht verträglich, zum Mittagessen angeboten. Sie sind außerordentlich beliebt in Nordzypern. Auch Manti, die einheimischen Ravioli, stillen den kleinen oder großen Hunger zwischendurch und natürlich Lahmacun, die türkische Variante einer Pizza, dünn bestrichen mit würzigem Hackfleisch und mit Petersilie und Zwiebelringen bestreut. Nicht zu vergessen Dolmalar, die meistens mit Reis gefüllten Gemüse, wie Paprika, Zucchini oder Tomaten. Zu den Besonderheiten der türkisch-zyprischen Gemüseküche zählen Molohiya, das aus Malvenblättern bereitet wird und entfernt an Spinat erinnert und die Kolokasie (Kolokaz), eine knollenartige Erdfrucht, die gekocht, geröstet oder gebacken verzehrt wird.
Auch die Liebhaber ausgefallener Fischgerichte werden in Nordzypern nicht enttäuscht. Schwertfisch vom Grill mit Zitrone beträufelt – wer könnte dem widerstehen? Oder man kostet vom Seebarsch (Lahoz) aus dem Ofen und den kleinen, so beliebten Rotbarben (Barbun), knusprig gegrillt und begleitet von frischen Salaten. Wie wär`s mit Oktopus in Rotwein oder Gemeiner Sepie (Sipya), gekocht in eigener Tinte oder der seltenen, köstlich marinierten Schnauzenbrasse (Izmarit)? Die eher seltene Geißbrasse und die Rotbrasse (Mercan) sowie der Große Sägebarsch, auch Riesenbarsch genannt (Orfoz), vervollständigen gegrillt oder fritiert die reiche Auswahl der Fischrestaurants. Dann gibt es noch Köfte, die knusprigen, kleinen Fleischbällchen oder Sis Kebap, den Fleischspieß. Eine Spezialität Nordzyperns ist das Firin- oder Küpkebap – große, mit Lorbeerblättern und Rosmarin gewürzte Teile vom Lamm, die, mehrere Stunden im traditionellen Lehmofen schmorend, ein unvergleichliches Aroma entwickeln.
In Deutschland ist seit Jahren das Döner Kebap populär, doch kaum bekannt dürfte Seftali Kebap sein, eine zyprische Delikatesse aus gewürztem Lamm- oder Rinderhack, welches in Därme oder in ein Lammnetz gepreßt über dem Holzkohlenfeuer gegrillt wird. Zu den zahllosen Spielarten der Lamm-, Rind- und Kalbgerichte gesellen sich außergewöhnlich wohlschmeckende Gerichte aus Hühnerfleisch.
Zu den Klassikern gehören:
Lahmacun – türkische Pizza
Valanci Dolma – Weinblätter gefüllt mit Reis
Sigara Borek – in Blätterteig gerollter und frittierter Fetakäse
Kofte – gehacktes Lammfleisch und Kräuterfladen
Kleftiko – Lammfleisch im Ofen
Mousakka – Schichten von Kartoffeln, Hackfleisch und Auberginen
Shish Kebap – mariniertes Lammfleisch am Spieß
Simit – eine Art türkisches Brot, ein Snack
Hellim-Käse aus Schafs- oder Ziegenmilch (in Deutschland auch als Halloumi bekannt), sowie Pilavuna, ein herzhaftes Brot, für das Käse, Eier, Milch und Rosinen verarbeitet werden.
Nachspeisen:
Auch wenn dann alle schon satt sind, ist für die süßen Desserts der Insel immer noch ein bisschen Platz.
Wer statt mit Obst der Saison das große Essen mit einem süßen Dessert ausklingen lassen möchte, steht vor der Qual der Wahl. Hier eine kleine Kollektion: Tel Kadayif, ein Gespinst aus feinsten Fadennudeln, von Zuckersirup und einigen Tropfen Zitronensaft durchtränkt und mit gehackten Pistazien oder Haselnüssen bestreut oder Ekmek Kadayif, eine süße Köstlichkeit, die durch Nor-Käse (dem italienischen Ricotta ähnlich) ihre delikate Geschmacksnote erhält. Vielleicht ist die von Spanien bis zum Libanon begehrte Creme Caramel genehm – eine Nuß-Trauben-Kreation namens Sucuk oder Güllac, Waffeln aus einem blätterteigähnlichem Reisteig, gefüllt mit Nüssen und getränkt in Zuckersirup? Natürlich darf Helva in dieser Aufzählung nicht fehlen, die Leckerei aus Hartweizengries mit gestifteten Mandeln oder Pinienkernen und einer Prise Zimt, schließlich Lokum, bekannt als „Turkish delight“, in unzähligen Variationen.
Diesen drei Süßspeisen dürfen Sie auf keinen Fall widerstehen:
Den türkischen Leckerbissen Lokum werden Sie spontan lieben.
Halva, also Scheiben aus gemahlenem Sesam und Zucker, sind ein Genuss nach jedem Essen.
Und auch Baklava, ein Mille-feuille-Teig, gefüllt mit Nüssen, Honig und Sirup sind eine Sünde wert.
Getränke
Neben importierten Weinen aus Italien und Frankreich, finden türkische Weine aus den Hauptanbaugebieten Thrakien, Zentralanatolien und dem Küstensaum der Ägäis und des Mittelmeeres immer mehr Liebhaber. Die Erzeugnisse der großen Weingüter Kavaklidere und Doluca können im Vergleich mit den renommierten Weinen Europas durchaus mithalten. Cankaya und Efsane, Doluca und Villa Doluca (weiß) und die Rotweine Yakut und Doluca Red sowie Doluca Rose sind trocken ausgebaute, alkoholreiche, säurearme Qualitätsweine, die überall in Nordzypern ausgeschenkt werden – ebenso das populäre Efes-Bier aus der Türkei und Goldfassl aus einer in Famagusta mit österreichischer Lizenz produzierenden Brauerei. Fast jeder kennt ihn, den Raki, einen hochprozentigen, aus Trauben gebrannten Schnaps, dem in der zweiten Destillation Aniskerne beigefügt werden und ihm sein unverwechselbares Aroma verleihen. Man genießt ihn als Aperitif zum Meze mit etwas Wasser gestreckt und mit Eiswürfeln gekühlt, andere schätzen ihn als verdauungsfördernden „Magenschließer“ und nicht wenige Einheimische bestreiten mit einer Flasche Raki ein genußvoll ausgedehntes Abendessen, mit viel Wasser und einem Kübel Eiswürfeln zur Entschärfung.
Zum Schluß möchte ich noch auf einige besondere alkoholische und nichtalkoholische Getränke hingeweisen. Die englischen Kolonialherren machten ihn in Zypern populär und noch heute ist er so etwas wie ein „Nationalgetränk“ in beiden Teilen der Insel: der Brandy sour, ein Longdrink aus Brandy und Zitronenlimonade, Zitrone pur und Sodawasser, dazu einige Spritzer „Angostura bitter“. Der Zivaniya, ein hausgemachter Tresterschnaps, ähnlich dem italienischen Grappa, hat seine feste Fangemeinde und der weiche, aromareiche Inselweinbrand, der „local brandy“, kann mühelos mit namhaften europäischen Weinbränden mithalten. Der türkische Mokka darf hier nicht fehlen in seinen Zubereitungsarten „sade“ (ohne Zucker), „orta“ (mittelsüß) und „sekerli“ (sehr süß) – ein „Wachmacher“ für zwischendurch und Schlußpunkt eines Mittag- und Abendessens. Im heißen Sommer lernt man Ayran schätzen, ein erfrischendes Getränk aus Joghurt und Wasser, Salz und Minze und einigen Eiswürfeln. Auch Limonata, die Limonade aus Zitronen- oder Mandarinensirup, löscht den großen Sommerdurst. Andere Durstlöscher sind Sumata, ein Longdrink aus Mandelkonzentrat, aufgefüllt mit Sodawasser und schließlich Rosensquash, Rosenblätterkonzentrat mit Wasser und Eiswürfeln.
Abschließend kann ich sagen, das Essen und die Getränke sind die reinste Gaumenfreude 😋